Wird von einem freigestellten Betriebsratsmitglied verlangt, dass es sich länger für Betriebsratsarbeit bereitzuhalten hat als andere Arbeitnehmer durchschnittlich Schichtarbeit leisten, liegt darin nicht immer eine Benachteiligung wegen des Betriebsratsamtes nach § 78 Satz 2 BetrVG. Im vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall (Urteil vom 25.10.2017, Aktenzeichen 7 AZR 731/15) betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit aller Arbeitnehmer 40 Stunden. Die Arbeitnehmer im Schichtdienst leisteten nach einer Betriebsvereinbarung allerdings regelmäßig nur 36,75 Stunden Schichtarbeit. Für die verbleibenden 3,25 Stunden konnte der Arbeitgeber die Schichtarbeiter nach der Betriebsvereinbarung zu Trainings, Meetings oder ähnlichen Arbeiten heranziehen.

Ein freigestelltes Betriebsratsmitglied, das vor seiner Freistellung ebenfalls im Schichtdienst eingesetzt war, sollte laut Arbeitgeber hingegen wöchentlich 40 Stunden Betriebsratsarbeit leisten. Das Bundesarbeitsgericht sah hierin keine Benachteiligung wegen des Betriebsratsamtes, weil das freigestellte Betriebsratsmitglied im Gegensatz zu den anderen Arbeitnehmern nicht für weitere 3,25 Stunden zu Trainings, Meetings oder ähnlichen Arbeiten herangezogen werden konnte. Das Betriebsratsmitglied wäre im Gegenteil gegenüber den anderen Arbeitnehmern ungerechtfertigterweise begünstigt worden, wenn es nur 36,75 Stunden Betriebsratsarbeit leisten müsste.

[Praxishinweis: Freigestellte Betriebsratsmitglieder unterliegen zwar nicht dem Direktionsrecht des Arbeitgebers, sie müssen aber während ihrer Arbeitszeit im Betrieb am Sitz des Betriebsrats anwesend sein und sich dort für anfallende Betriebsratsarbeit bereithalten (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.05.2016, Aktenzeichen 7 AZR 401/14, Randnummer 24).

Nach § 78 Satz 2 BetrVG dürfen Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Wenn der Arbeitgeber von den freigestellten Betriebsratsmitgliedern verlangt, dass sie während ihrer vertraglichen Arbeitszeit Betriebsratsarbeit machen, obwohl er die vertragliche Arbeitszeit anderer Arbeitnehmer nicht vollständig abruft, kann das zwar grundsätzlich eine verbotene Benachteiligung der Betriebsratsmitglieder sein. Für das Bundesarbeitsgericht war im entschiedenen Fall aber ausschlaggebend, dass der Arbeitgeber bei den anderen Arbeitnehmern gerade nicht vollständig auf die Ausschöpfung der gesamten vertraglichen Arbeitszeit verzichtet hatte. Ob eine Benachteiligung tatsächlich vorliegt, ist also immer eine Sache des Einzelfalls.]

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