Hört der Arbeitgeber den Betriebsrat zu dem Kündigungsgrund „systematische Unterschlagungen“ an und unterläuft ihm bei einem von zwei dargelegten Fällen ein Irrtum, der für den Betriebsrat auch objektiv erkennbar war, ist der Betriebsrat zu dem Kündigungsgrund dieser einen Unterschlagung nicht ordnungsgemäß nach § 102 Abs. 1 BetrVG angehört worden (Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 24.11.2017, Aktenzeichen 14 Sa 1256/16). Dass der Betriebsrat den Fehler in der Anhörung erkennen konnte, heilt nicht die falsche Unterrichtung des Betriebsrats. Im entschiedenen Fall konnte der Betriebsrat den Fehler zumindest erkennen, weil ein Betriebsratsmitglied bei Gesprächen über den Kündigungsvorwurf anwesend war. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat zwar nicht zu Tatsachen anhören, die diesem bereits bekannt sind. Allerdings ist es bei einer inhaltlich falschen Anhörung nicht Aufgabe des Betriebsrats abzugleichen, welche Darstellungen des Arbeitgebers angesichts eigener Kenntnisse falsch sein könnten.

Die Kündigungsgründe, zu denen der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört hat, unterliegen einem betriebsverfassungsrechtlichen Verwertungsverbot: Der Arbeitgeber kann die Kündigung nicht auf diese Gründe stützen.

[Praxishinweis: Hat der Arbeitgeber den Betriebsrat fehlerhaft angehört, muss der betroffene Arbeitnehmer rechtzeitig (in der Regel innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung) Kündigungsschutzklage erheben. Ohne fristgerechte Klageerhebung wird die Kündigung trotz der fehlerhaften Betriebsratsanhörung wirksam. Der Arbeitnehmer sollte sich daher umgehend rechtlichen Rat einholen (z.B. bei einem Rechtsanwalt oder beim gewerkschaftlichen Rechtsschutz). Es genügt nicht, dass sich allein der Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber auf die Anhörungsfehler beruft.]

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  • 1998 bis 2001
    Ausbildung zum Informations- und Telekommunikations-Systemelektroniker bei der Deutschen Telekom AG in Saarbrücken
  • 2001 bis 2008
    Hauptberufliche Tätigkeit in der betrieblichen Interessenvertretung für Auszubildende und dual Studierende bei der Deutschen Telekom AG in Saarbrücken
  • 2001 bis 2009
    Mitglied in unterschiedlichen Gremien der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auf Bezirks-, Landesbezirks- und Bundesebene
  • 2003 bis 2013
    Nebenberufliche Tätigkeiten in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit
  • 2008 bis 2009
    Studium an der Akademie der Arbeit in der Universität Frankfurt am Main
  • 2009 bis 2013
    Studium der Rechtswissenschaften in Trier (Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung)
  • 2013 bis 2015
    Referendariat am Saarländischen Oberlandesgericht mit Stationen in Düsseldorf und Frankfurt am Main
  • Seit 2014
    nebenberufliche Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter von silberberger.lorenz, kanzlei für arbeitsrecht
  • 2015
    zweites Staatsexamen in Saarbrücken
  • Seit 2015
    wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen in der Europäischen Union in Trier mit Forschungsschwerpunkten im deutschen, europäischen und internationalen Arbeitsrecht, Europarecht und Zivilrecht
  • 2017
    Promotion zum Dr. jur. mit dem Thema „Das Kollektivvertrags- und Streikrecht für Beamte in privatisierten Unternehmen“ an der Universität Trier (ausgezeichnet mit dem Dissertationspreis des Fachbereichs Rechtswissenschaften der Universität Trier und dem Hugo-Sinzheimer-Preis)
  • Seit 2017
    Lehrbeauftragter an der Universität Trier am Fachbereich Rechtswissenschaft
  • 2018
    Ernennung zum Akademischen Rat
  • Seit 2018
    Vertrauensdozent der Hans-Böckler-Stiftung