Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Anordnung von Mehrarbeit aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil die Mehrarbeitsanordnung im Zusammenhang mit einem Arbeitskampf steht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind einzelne Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats während des Arbeitskampfs eingeschränkt. Das ist nach Meinung des BAG dann der Fall, wenn der Betriebsrat mit seiner Mitbestimmung Arbeitskampfmaßnahmen verhindern und dadurch zum Nachteil des Arbeitgebers in das Kampfgeschehen eingreifen kann. Dies kann auch für die Mitbestimmungsrechte bei der Dienstplangestaltung (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG) und bei der Anordnung von Mehrarbeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG) gelten. So soll die Mitbestimmung ausgeschlossen sein, wenn arbeitswillige Beschäftigte während einer streikbedingten Betriebsunterbrechung oder -einschränkung zu Überstunden herangezogen werden sollen.
Will der Arbeitgeber dagegen nach dem Ende des Streiks streikbedingte Arbeitsrückstände aufarbeiten oder während eines Warnstreiks dem Streikdruck vorbeugen und deswegen Mehrarbeit gegenüber allen eingeteilten Beschäftigten anordnen, hat er die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten. Mitbestimmungsrechte können aus arbeitskampfrechtlichen Gründen außerhalb eines Streiks nur dann eingeschränkt sein, wenn der Arbeitgeber die angeordnete Mehrarbeit auf arbeitswillige Beschäftigte beschränkt, die einem gewerkschaftlichen Streikaufruf nicht folgen wollen (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 20.3.2018, Aktenzeichen 1 ABR 70/16). Dies gilt auch nur, wenn der Arbeitgeber den Bezug zu den Streikmaßnahmen herstellt. Er muss deutlich machen, dass die Überstunden zur Beschränkung von drohender oder Abwehr bereits eingetretener Streikfolgen angeordnet werden. Nur dann und auch nur für die Streikbrecher entfällt in diesem Fall das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Anordnung von Überstunden.
[Praxishinweis: Wenn die Mitbestimmungsrechte aus arbeitskampfbedingten Gründen eingeschränkt sind, ist der Betriebsrat grundsätzlich dennoch über die beabsichtigten Maßnahmen zu unterrichten.]

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  • 1998 bis 2001
    Ausbildung zum Informations- und Telekommunikations-Systemelektroniker bei der Deutschen Telekom AG in Saarbrücken
  • 2001 bis 2008
    Hauptberufliche Tätigkeit in der betrieblichen Interessenvertretung für Auszubildende und dual Studierende bei der Deutschen Telekom AG in Saarbrücken
  • 2001 bis 2009
    Mitglied in unterschiedlichen Gremien der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auf Bezirks-, Landesbezirks- und Bundesebene
  • 2003 bis 2013
    Nebenberufliche Tätigkeiten in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit
  • 2008 bis 2009
    Studium an der Akademie der Arbeit in der Universität Frankfurt am Main
  • 2009 bis 2013
    Studium der Rechtswissenschaften in Trier (Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung)
  • 2013 bis 2015
    Referendariat am Saarländischen Oberlandesgericht mit Stationen in Düsseldorf und Frankfurt am Main
  • Seit 2014
    nebenberufliche Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter von silberberger.lorenz, kanzlei für arbeitsrecht
  • 2015
    zweites Staatsexamen in Saarbrücken
  • Seit 2015
    wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen in der Europäischen Union in Trier mit Forschungsschwerpunkten im deutschen, europäischen und internationalen Arbeitsrecht, Europarecht und Zivilrecht
  • 2017
    Promotion zum Dr. jur. mit dem Thema „Das Kollektivvertrags- und Streikrecht für Beamte in privatisierten Unternehmen“ an der Universität Trier (ausgezeichnet mit dem Dissertationspreis des Fachbereichs Rechtswissenschaften der Universität Trier und dem Hugo-Sinzheimer-Preis)
  • Seit 2017
    Lehrbeauftragter an der Universität Trier am Fachbereich Rechtswissenschaft
  • 2018
    Ernennung zum Akademischen Rat
  • Seit 2018
    Vertrauensdozent der Hans-Böckler-Stiftung