Die nahtlose Verlängerung der Elternzeit über die ersten beiden Lebensjahre des Kindes hinaus ist nicht von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängig (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.09.2018, Aktenzeichen 21 Sa 390/18).

Für die Beantragung der Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes sieht das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) grundsätzlich vor, dass Arbeitnehmer gleichzeitig mit ihrem Antrag verbindlich erklären, für welchen Zeitraum innerhalb von zwei Jahren sie Elternzeit nehmen, § 16 Abs. 1 Satz 2 BEEG. Der Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es jedoch, wenn Eltern von diesem Elternzeitverlangen nachträglich abrücken wollen. Es war bisher umstritten, ob die nahtlose Verlängerung (nach zwei Jahren um ein weiteres Jahr) ebenfalls von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängt. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat sich hier nun wie das Landesarbeitsgericht Düsseldorf zugunsten der Arbeitnehmer festgelegt (LAG Düsseldorf, Urteil vom 24.01.2011, Aktenzeichen 14 Sa 1399/10). Dem § 16 Abs. 1 S. 2 BEEG lässt sich nicht entnehmen, dass die Inanspruchnahme von Elternzeit im Anschluss an die Bindungsfrist von zwei Jahren von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängen soll. Vielmehr spricht die Beschränkung der Bindungsfrist auf zwei Jahre dafür, dass Beschäftigte im Anschluss an die Bindungsfrist wieder frei disponieren können. Der Gesetzgeber verfolgte mit der Verkürzung der Bindungsfristen im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, im Vergleich zum vormaligen Erziehungsgeldgesetz, gerade eine Flexibilisierung der Elternzeit zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Überdies hat das Landesarbeitsgericht entschieden, dass für die arbeitgeberseitige Ablehnung eines Teilzeitbegehrens während der Elternzeit sowohl nach § 15 Abs. 7 Satz 4 und 6 BEEG auch für das Elternzeitverlangen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG, zudem auch für die Ablehnung eines Teilzeitbegehrens nach § 8 TzBfG das (strenge) Schriftformerfordernis des § 126 Abs. 1 BGB gilt. Dementsprechend reicht eine Ablehnung des Arbeitgebers per E-Mail an dieser Stelle gerade reicht nicht aus. Folge war in diesem Fall, dass die arbeitgeberseitige Zustimmung zum Teilzeitantrag in Elternzeit nach § 15 Abs. 7 S. 6, 7 BEEG fingiert worden ist. Vergleichbare Fiktionsregeln gelten im Teilzeit- und Befristungsgesetz (vgl. § 8 Abs. 5 S. 2,3 TzBfG).

(Praxishinweis: Eltern müssen bei der erstmaligen Inanspruchnahme der Elternzeit die Bindungsfrist von zwei Jahren im Auge behalten und das Elternzeitbegehren frist- und formgemäß einreichen (schriftlich 7 Wochen vor deren Beginn, § 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 BEEG). Eine nahtlose Verlängerung ist dann ohne Zustimmung unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften möglich.
Sollte der Arbeitgeber im Allgemeinen ein entsprechendes Teilzeitverlangen ablehnen, so ist hier insbesondere zu prüfen, ob er die entsprechenden Formvorschriften eingehalten hat; Rechtsfolge könnte hier sein, dass die Zustimmung zum entsprechenden Teilzeitbegehren als erteilt gilt).

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  • 1998 bis 2001
    Ausbildung zum Informations- und Telekommunikations-Systemelektroniker bei der Deutschen Telekom AG in Saarbrücken
  • 2001 bis 2008
    Hauptberufliche Tätigkeit in der betrieblichen Interessenvertretung für Auszubildende und dual Studierende bei der Deutschen Telekom AG in Saarbrücken
  • 2001 bis 2009
    Mitglied in unterschiedlichen Gremien der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auf Bezirks-, Landesbezirks- und Bundesebene
  • 2003 bis 2013
    Nebenberufliche Tätigkeiten in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit
  • 2008 bis 2009
    Studium an der Akademie der Arbeit in der Universität Frankfurt am Main
  • 2009 bis 2013
    Studium der Rechtswissenschaften in Trier (Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung)
  • 2013 bis 2015
    Referendariat am Saarländischen Oberlandesgericht mit Stationen in Düsseldorf und Frankfurt am Main
  • Seit 2014
    nebenberufliche Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter von silberberger.lorenz, kanzlei für arbeitsrecht
  • 2015
    zweites Staatsexamen in Saarbrücken
  • Seit 2015
    wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen in der Europäischen Union in Trier mit Forschungsschwerpunkten im deutschen, europäischen und internationalen Arbeitsrecht, Europarecht und Zivilrecht
  • 2017
    Promotion zum Dr. jur. mit dem Thema „Das Kollektivvertrags- und Streikrecht für Beamte in privatisierten Unternehmen“ an der Universität Trier (ausgezeichnet mit dem Dissertationspreis des Fachbereichs Rechtswissenschaften der Universität Trier und dem Hugo-Sinzheimer-Preis)
  • Seit 2017
    Lehrbeauftragter an der Universität Trier am Fachbereich Rechtswissenschaft
  • 2018
    Ernennung zum Akademischen Rat
  • Seit 2018
    Vertrauensdozent der Hans-Böckler-Stiftung